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Praxisgebühr bleibt umstritten

Vier Jahre Praxisgebühr und kein Ende des Streits: Ärzte halten sie für untauglich, Patientenströme zu steuern und sehen sie als gescheitert an, Gesundheitswissenschaftler beurteilen sie ähnlich, Krankenkassen und Politik aber halten daran fest. Zehn Euro beim ersten Arztbesuch im Quartal sollten den Deutschen die Gewohnheit austreiben, schon mit Bagatellen zum Arzt zu gehen. Gewirkt hat es nicht viel: Nach Zahlen der Gmünder Ersatzkasse aus dem Jahre 2006 lagen sie im europäischen Vergleich mit 16,3 Arztbesuchen pro Jahr immer noch an der Spitze. 6,5 Mrd. Euro spülte die Abgabe bisher in die Kassen der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Dabei sank die Zahl der Arztbesuche insgesamt tatsächlich. Aber sie nehme schon seit den 1980er Jahren sowieso ständig ab, argumentiert Dr. Markus M. Grabka, Gesundheitswissenschaftler am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, in der "Apotheken Umschau". Die 6,5 Milliarden Euro will er ebenfalls nicht als Erfolg gelten lassen: Angesichts der immensen Budgets der Kassen sei dies "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Er findet den ganzen Ansatz falsch. Da derjenige, der die Gebühr bezahlt, bereits krank ist, sei es besser, Vorbeugemaßnahmen stärker zu fördern. "Wer gesund bleibt, muss nicht zum Arzt", so Grabka. Damit liegt er auf einer Linie mit Ärztevertretern wie Eberhard Gramsch, dem Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen: "Die Praxisgebühr muss abgeschafft werden", verlangt dieser. "Sie ist eine Kassengebühr und hat eindeutig versagt."

Die Krankenkassen ziehen aus ihren Statistiken andere Schlüsse. Verglichen mit dem Ausgangswert von 2003 gebe es nun weniger Behandlungsfälle. Zwar erreichen die Hausärzte ähnlich hohe Fallzahlen wie früher, doch die meisten Fachärzte liegen im Minus. Auch an der Zahl der Überweisungen lässt sich eine Wirkung ablesen: Während vor der Einführung der Praxisgebühr die Quote der Patienten, die mit Überweisung einen Facharzt aufsuchten, gut zehn Prozent betrug, liegt sie heute deutlich über 50 Prozent.

Die Kritik, dass die Praxisgebühr Menschen dazu verleite, Erkrankungen zu verschleppen, lässt sich bisher nicht schlüssig widerlegen. Im Gegenteil: Auswertungen des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung scheinen die These zu stützen. Auch ein soziales Ungleichgewicht macht sich bemerkbar: Offenbar vermeiden mehr Menschen mit niedrigem Bildungsniveau und geringerem Einkommen Arztbesuche als höher gebildete Gutverdiener. Trotzdem sagt Franz Knieps, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Gesundheit in der "Apotheken Umschau": "Die Gebühr hat keineswegs enttäuscht. Ihre Abschaffung steht nicht auf der Tagesordnung." Das Gesundheitsministerium wird sie in dieser Legislaturperiode deshalb auch nicht mehr auf die Agenda setzen. Auch Niedersachsens KV-Chef Gramsch bleibt Realist: "Es wird sehr schwer, die Forderung der Abschaffung durchzusetzen."

Das Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau" 4/2008 A liegt in den meisten Apotheken aus und wird ohne Zuzahlung zur Gesundheitsberatung an Kunden abgegeben.


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© Wort & Bild Verlag GmbH & Co KG / (ots) news aktuell GmbH / Veröffentlicht am 03.04.2008